Heusenstamm

in der NS-Zeit

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„Hitler bedeutet Krieg“1

Gedenkstein am nördlichen Schloßweiher

Gedenkstein am nördlichen Schlossweiher2

„Hitler bedeutet Krieg“. - so warnten bereits lange vor der Machtübernahme 1933 demokratische und antifaschistische Kritiker vor den Nationalsozialisten und der NSDAP. Auch in Heusenstamm wurden militaristische Ideen verbreitet, militärische Vereine gegründet und ein Gewöhnungsprozess an den Gedanken „Krieg“ eingeleitet.

  • Auf verschiedenen Veranstaltungen, Bällen, bunten Abenden und „schneidigen“ Militärkonzerten sollte die Verbindung zwischen dem zivilen Leben und dem Militär hergestellt werden.
  • Im Mai 1933 gründeten ehemalige Frontsoldaten den früheren Veteranen- und Militärverein neu.
  • Im November 1933 wurde eine NS-Segel- und Motorfliegergruppe gegründet.
  • Im April 1934 führte der Reichsluftschutzbund eine Kundgebung durch.
  • Am 28.4.1934 fand ein Fackelzug statt, an dem nicht nur sämtliche Mitglieder des Reichsluftschutzbundes, sondern auch die SA, der freiwillige Arbeitsdienst, die Feuerwehr und die Sanitäts-„Kolonnen“ beteiligt waren. Hier war auch die Vorführung von „Gasmaskentrupps, Feuerwehrtrupps, Räumungs- und Entgiftungstrupps“ geplant.

Nach der Wiedereinführung der Allgemeinen Wehrpflicht wurden bereits im Juli 1935 in Offenbach die ersten Rekrutierungsmusterungen Heusenstammer junger Männer durchgeführt. Die Produktion von Rüstungsgütern lief schon lange vor Kriegsausbruch auf Hochtouren. Auch in der Lederwarenindustrie erfolgte die Umstellung auf Kriegsproduktion: Nun stellten die Heusenstammer Portefeuiller3 Tornister, Munitionstaschen und Ledereinsätze für Stahlhelme her.

Bereits im August 1939 erhielten in Heusenstamm viele wehrfähige Männer Einberufungsbefehle; sie wurden ihnen durch die Hitlerjugend zugestellt. Bald gab es in Heusenstamm kaum mehr eine Familie, in der nicht mindestens ein Angehöriger im Krieg war. Die Frauen mussten nun Haus und Familie allein versorgen. Sie waren allein verantwortlich für die Arbeit auf dem Acker, im Stall oder im Handwerksbetrieb und für die Heimarbeit. Ab 1942 kam es im Rahmen des Reichsarbeitsdienstes4 zusätzlich zu „Notdiensteinberufungen“ als DRK-Schwesternhelferinnen und DRK-Helferinnen.

Die Heusenstammer Bevölkerung musste zunächst Einschränkungen in der Versorgung mit Nahrungsmitteln, dann auch mit Kleidung hinnehmen. Die ständig zunehmenden Einquartierungen von Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften stellten eine weitere Belastung dar: Ab 1940 waren in Heusenstamm Soldaten der Wehrmacht stationiert und untergebracht. 1941 wurde das Schloss, der Divisionsstab für den Befehlsbereich der 5. Flak-Division, eingerichtet. Im Jahr 1944 musste Heusenstamm 267 Soldaten mitversorgen. Die Schule in Heusenstamm wurde auf Anweisung der Wehrmacht beschlagnahmt, damit hier weitere Unterkünfte eingerichtet werden konnten.

Durch die Nähe zu den beiden großen Städten und Wirtschaftszentren Frankfurt und Offenbach, die bevorzugte Ziele der Bombenangriffe wurden, war ein normales Leben in Heusenstamm seit 1943 für viele Bürger nicht mehr möglich. Immer häufigere Fliegeralarme prägten den Rhythmus des täglichen Lebens und versetzten die Menschen in permanente Anspannung und Angst. Die Kinder gingen kaum noch in die Schule, alle mussten sich oft in Kellern aufhalten. Die Menschen mussten um ihr Dach über dem Kopf und um ihr Leben fürchten.

Nach einem Bombenangriff gab es am 20. Dezember 1943 in Heusenstamm sechs Großfeuer und mehrere kleine Brände. So fielen einige Scheunen und Lager, darunter auch ein Lebensmitteldepot, den Flammen zum Opfer. Die örtlichen Verantwortlichen waren der Situation nicht gewachsen, die Feuerwehrleute überlastet und von den Löscharbeiten erschöpft.

In der Verwaltung sollten Arbeitskräfte eingespart werden, damit Wehrkraft und Rüstung intensiviert werden konnten. Als „letzte Reserve“ wurden dann auch noch die Mitglieder der Hitlerjugend mobilisiert.

Wenige Tage vor dem Einmarsch der amerikanischen Truppen am 26. März 1945 haben sich in und um Heusenstamm tragische Szenen abgespielt:

Am 25. März 1945 wurde ein Omnibus auf der Fahrt von Heusenstamm nach Obertshausen von Tieffliegern in Brand geschossen. Mehrere Insassinnen, vom Munitionslager Münster bei Dieburg heimkehrende Wehrmachtshelferinnen, wurden getötet.

Größenwahn und Menschenverachtung sprechen aus dem Tatbestand, dass 14-und 15-Jährige gezwungen wurden, Heusenstamm zu verlassen, um sich den herannahenden amerikanischen Truppen in den Weg zu stellen.

Am 26. März gab es noch einen fast zweistündigen Kampf deutscher Soldaten gegen amerikanische Truppen; fünf Soldaten kamen dabei ums Leben. Deutsche Truppeneinheiten passierten Heusenstamm am selben Tag in den frühen Morgenstunden, kurz darauf besetzten amerikanische Truppen den Ort.

Der Zweite Weltkrieg forderte auch unter der Heusenstammer Bevölkerung Opfer: 270 Menschen wurden getötet, darunter auch zivile Opfer

    Quelle:

  • 1 Vgl. Beez, Fischer, Kap.11
  • 2 Der Gedenkstein erinnert an den Absturz eines englischen Bombers im August 1944, der bei einem Angriff auf Darmstadt von deutschen Abwehrjägern abgeschossen wurde. Fünf Besatzungsmitglieder kamen dabei ums Leben, andere konnten sich mit dem Fallschirm aus dem brennenden Flugzeug retten.
  • 3 Ein Feintäschner oder Portefeuiller ist ein Handwerker, der so genannte Portefeuilles, also Brieftaschen und Aktenmappen aus Leder. Kunststoffen oder Textilien herstellt.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Feintäschner
  • 4 https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsarbeitsdienst

MEDIEN-EINTRÄGE

Gedenkstein am nördlichen Schloßweiher - Erinnert an den Absturz eines englischen Bombers

Gedenkstein am nördlichen Schloßweiher - Erinnert an den Absturz eines englischen Bombers

Schloßweiher

Schloßweiher

Musterungsfeier vor 1939

Musterungsfeier vor 1939

Trauerfeier (1) für die Toten des Luftangriffs am 11.12.1944

Trauerfeier (1) für die Toten des Luftangriffs am 11.12.1944

Trauerfeier (2) für die Toten des Luftangriffs am 11.12.1944

Trauerfeier (2) für die Toten des Luftangriffs am 11.12.1944

Rucksäcke und Brotbeutel für die Wehrmacht

Rucksäcke und Brotbeutel für die Wehrmacht