Heusenstamm

in der NS-Zeit

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Der jüdischer Friedhof1

Straßenname

1669 schenkte Graf Melchior Friedrich von Schönborn das Grundstück des Friedhofs der Jüdischen Gemeinde in Heusenstamm. Es lag circa ein Kilometer nordwestlich des Ortes. Der Friedhof diente als Begräbnisstätte auch für jüdische Menschen aus Weiskirchen, Jügesheim, Dietzenbach, Hainhausen, Obertshausen und Bieber. Knapp 200 Jahre später wurde er mit Hilfe von Spenden Frankfurter Juden mit einer Mauer umgeben. Heute ist der jüdische Friedhof die einzige authentische Erinnerung an die mehr als 500jährige Geschichte der jüdischen Gemeinde in Heusenstamm.

Während der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde auch der jüdische Friedhof von SA-Leuten geschändet und viele Grabsteine zerstört. Das letzte Begräbnis fand kurz darauf im Februar 1939 statt. Rebekka Eckmann wurde vermutlich neben ihrem Mann Moses beigesetzt. Die Grabinschrift für sie konnte nicht mehr eingemeißelt werden. In der Folge nutzten die Nationalsozialisten den Friedhof als Steinbruch. Seine Grabsteine und Mauerreste wurden gegen Ende des 2. Weltkriegs zum Bau von Panzersperren an zwei Stellen der Frankfurter Straße verwendet.

Auf Befehl der amerikanischen Militärregierung mussten nach Kriegsende ortsbekannte Nazis die Sperren wieder räumen, die Mauersteine zurückbringen und die Grabsteine auf dem Friedhof ablegen. Da vorher nicht kartographiert, konnten sie zum Teil nicht mehr an ihrem Originalplatz aufgestellt werden. Ehemalige NSDAP-Mitglieder mussten die Mauer des Friedhofes 1946 wieder errichten. Die Frage bleibt unbeantwortet, warum die Fläche dabei um circa ein Drittel verkleinert wurde. Auf Anordnung des damaligen Bürgermeisters wurden die Grabsteine in den 1980er Jahren so tief in den Boden versenkt, dass die Inschriften teilweise nicht mehr lesbar waren. Dieser unwürdige Zustand musste Jahrzehnte später nach Anweisung des Regierungspräsidiums Darmstadt revidiert werden. Die Grabsteine wurden ausgegraben und danach sicher fundamentiert und verdübelt.

Auch nach 1945 wurde die Totenruhe häufig gestört. In den 1980er Jahren ließ die Stadt, um weitere Zerstörung zu vermeiden, einen Teil der Grabsteine eingraben.Dennoch wurden mehrfach Steine mit rechten Parolen beschmiert, andere umgeworfen, zweimal versuchten Täter sogar, Gräber aufzugraben. Gefasst konnten die Täter nicht werden. Das gilt auch für die letzte Schändung im Mai 2021. Nach dem letzten Vorfall gab es eine große Kundgebung, bei der ein breites Bündnis gegen die Schändung protestierte.

    Quelle:

  • 1 Vgl. Gil Hüttenmeister, Sabine Richter-Rauch, Gernot Richter, Hier ist verborgen… Der jüdische Friedhof in Heusenstamm, Heusenstamm 2014

MEDIEN-EINTRÄGE

Grabstein auf dem jüdischen Grabstein

Grabstein auf dem jüdischen Grabstein

Kundgebung gegen Antisemitismus 2021

Kundgebung gegen Antisemitismus 2021