Heusenstamm

in der NS-Zeit

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DIE VOLKSSCHULE1

Heute: Adalbert-Stifter-Schule
Frankfurter Str. 37

Fast alle Heusenstammer Kinder gingen 1933 hier zur Schule. Die Volksschule wurde von ca. 300 Schülerinnen und Schülern besucht und umfasste die Klassen 1 bis 8. Einige wenige Kinder wechselten ab der Klasse 4 auf weiterführende Schulen in Offenbach, für die Schulgeld bezahlt werden musste.
Die Nationalsozialisten wollten insbesondere die Jugend für ihre Ziele gewinnen und legten deshalb besonderen Wert auf die Erziehung. Da die Kinder und Jugendlichen systematisch auf ihre Rolle im nationalsozialistischen Staat vorbereitet werden sollten, wurde auch die Schule entsprechend verändert.

Auch während der Weimarer Zeit war der Rohrstock noch das Mittel um „Zucht und Ordnung“ herzustellen. Die Prügelstrafe trug zu einem Klima der Angst und Einschüchterung bei und führte zu Anpassung und Unterordnung. Reformpädagogische Ansätze wie Hinführung zu selbständigem Denken und Handeln hatten kaum Verbreitung gefunden. An diese konservativen Erziehungsmuster knüpften die Nationalsozialisten an.

Die NS-Ideologie durchdrang alle Unterrichtsfächer von der ersten Klasse an.
In einer Fibel fürs erste Schuljahr findet sich ein Bild von Kindern, die am Rande eines SA- Aufmarschs stehen. Der dazugehörige Text lautet dann „Heil, Heil, - ei Lina, Lene heil – o eile – hole Heini o“. Es wurde marschiert, stramm gestanden, sich ausgerichtet - das Militärische hielt in die Schule verstärkt Einzug. So war die körperliche Ertüchtigung wesentliches Element. Ganz offen wurden die Jungen für ihren späteren Einsatz im Krieg vorbereitet, die Mädchen auf ihre zukünftige Rolle als Hausfrau und Mutter.
Rassenkunde kam als fachübergreifendes Unterrichtsprinzip zum Tragen. Sie sollte die Überlegenheit der „arischen Rasse“ begründen und daraus ein biologisches Recht herleiten andere Völker zu unterwerfen.
Es gab regelmäßig Fahnenappelle und Ansprachen mit parteipolitischem Inhalt, zu denen sich alle Schülerinnen und Schüler auf dem Schulhof versammeln mußten.

Material:

Wie war das in der Schule? (Zeitzeugen) (nachgesprochen)

Nur wer die NS-Erziehungsziele bejahte und aktiv vertrat, sollte an der Schule unterrichten dürfen. Das Gesetz „Zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7.4.1933 diente als Grundlage jüdische Beamte und solche, an deren Loyalität zum NS-Staat Zweifel bestanden, zu entlassen.
Letztes wurde Rektor Sperling vorgeworfen. Er wurde entlassen und durch Lehrer Kranz ersetzt, einem besonders aktiven Nationalsozialisten in Heusenstamm. Alle Lehrer wurden zwangsverpflichtet dem nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) beizutreten, der sich um ihre korrekte weltanschauliche Ausrichtung kümmerte.

1933 waren vier der jüdischen Kinder schulpflichtig: Ruth Frankfurter, die Brüder Erwin und Horst Ehrmann und Beatrice Eckmann. Sie wurden anfangs vom Sport, später auch noch von weiteren Teilen des Unterrichts ausgeschlossen. Insbesondere die beiden turnbegeisterten Brüder traf das hart. Sie mußten erdulden, wie ihnen im Unterricht immer wieder die „Minderwertigkeit der jüdischen Rasse“ vorgehalten wurde. Bevor im November 1938 von staatlicher Seite der Ausschluss aller jüdischen Schülerinnen und Schülern vom Unterricht verfügt wurde, entschieden sich die jüdischen Familien ihre Kinder nicht mehr den ständigen Repressionen auszusetzen. Ihr Entschluss, sie auf die jüdische Schule nach Offenbach- eine Einrichtung der dortigen jüdischen Gemeinde - zu schicken, war mit erheblichen Kosten verbunden. Aber schon auf dem Schulweg begegneten den Kindern weitere Schikanen. Die Benutzung des Warteraums im Bahnhof war ihnen untersagt. Wenn der Zug voll war, durften sie nicht mitfahren, nur im Ausnahmefall einen Sitzplatz benutzen. Oft hielten sich deshalb gleich außerhalb des Wagens auf der zugigen Plattform auf.

Material:

Wie war das in der HJ? (nachgesprochen)

unentschuldigtes Fehlen bei der HJ – Protokoll einer Anhörung 3 (nachgesprochen)

    Quelle:

  • 1 Vgl. Beez, Fischer a.a.O, Kap.8.3
  • 2 Vgl. Richter-Rauch, Beez, Sie wohnten nebenan S.27
  • 3 Quelle: Stadtarchiv Heusenstamm Abt. XIX, Abschn.4, Konv.1, Fasz.117

MEDIEN-EINTRÄGE

Vorderes Schulhaus (Foto 1989)

Vorderes Schulhaus (Foto 1989)

Abschlussklasse 1937

Abschlussklasse 1937

Gruppenführer der HJ

Gruppenführer der HJ

aus dem Lesebuch fürs erste Schuljahr

aus dem Lesebuch fürs erste Schuljahr

Wie war das in der Schule? (Zeitzeugen) (nachgesprochen)

Wie war das in der HJ? (nachgesprochen)

unentschuldigtes Fehlen bei der HJ – Protokoll einer Anhörung 3 (nachgesprochen)