Heusenstamm

in der NS-Zeit

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Familie Eckmann – die letzte jüdische Familie1

Schloßstraße 17

In der unteren Etage des Hauses wohnte die Familie Eckmann, auch sie eine alteingesessene Heusenstammer Familie. Nach dem Tod ihres Mannes lebt Rebekka hier mit ihren Söhnen Moritz und Simon, ihrer Schwiegertochter Johanna und der Enkelin Beatrice.

Moritz und Simon. arbeiteten in einer Portefeuiller-Werkstatt in der Nachbarschaft. Sie waren seit langem Mitglieder im Turnverein Heusenstamm, Moritz war außerdem noch als Sänger aktiv. Johanna kümmerte sich um den Haushalt, den Garten und betreute ihre Schwiegermutter, Beatrice besuchte die Heusenstammer Volksschule.

Als der Turnverein gezwungen wurde, die jüdischen Mitglieder auszuschließen, waren auch Moritz und Simon davon betroffen.

Nach der Pogromnacht wurden die beiden Brüder - wie die anderen Heusenstammer jüdischen Männer - ins KZ Buchenwald deportiert. Simon wurde als letzter der Heusenstamm Juden erst Ende Januar nach Heusenstamm entlassen. Auch er musste wie alle anderen unterschreiben, so schnell wie möglich die Auswanderung vorzubereiten. Kurz nach der Rückkehr von Simon starb seine Mutter Rebekka, 89jährig. Sie war die letzte, die auf dem Heusenstammer jüdischen Friedhof begraben wurde.

Unklar bleibt, warum die Eckmanns nach den Erfahrungen des Terrors in der Pogromnacht und denen im KZ Buchenwald nicht wie alle anderen jüdischen Familien so rasch wie möglich Heusenstamm verließen. Während die anderen nach Frankfurt oder Offenbach zogen, in der Hoffnung, in der Anonymität der Großstadt weniger den täglichen Drangsalierungen ausgesetzt zu sein und besser ihre Ausreise organisieren zu können, wohnten die vier Eckmanns sehr zurückgezogen noch drei weitere Jahre in Heusenstamm. Sie mussten sich sehr einschränken, weil Simon und Moritz als Juden ihre Arbeitsstelle verloren. Offen bleibt auch, wie lange Beatrice ihre Stelle als Schneiderin in Offenbach behielt. Beatrice muss auffallend schön gewesen sein – so berichten alle Zeitzeugen.

Unklar ist auch, warum Eckmanns noch bis 1942 in Heusenstamm geduldet wurden. Die Nazi-Bürgermeister der umliegenden Gemeinden hatten ihre Orte längst als „judenfrei“ an die Kreisverwaltung gemeldet. Angesichts der zunehmenden Repression konnte die Familie nur mit Hilfe ihrer Nachbarn überleben. Zunehmend wurde auch die Unterstützung für ihre Helfer gefährlich. So wurde ein Nachbar, der Eckmanns einen Sack Kartoffeln verkaufte, bei der Offenbacher Kreisleitung der NSDAP denunziert

Anfang Juni 1942 – am helllichten Tag - wurde die Familie von der Gestapo verhaftet und zu anderen Juden auf einen Laster geladen. Augenzeugen erinnern sich noch, wie eingeschüchtert insbesondere Beatrice gewirkt hat. Die Eckmanns wurden nach Offenbach gebracht, von dort nach Darmstadt verschleppt und von dort am 30. September 1942 ins besetzte Polen transportiert. Wahrscheinlich wurden alle kurz nach ihrer Ankunft im Vernichtungslager Treblinka ermordet.

Material:

Zeitzeugen erinnern sich an die Eckmanns (nachgesprochen)

    Quelle:

  • 1 Vgl. Richter-Rauch, Beez, Sie wohnten nebenan Kap.16

MEDIEN-EINTRÄGE

Stolpersteine für Familie Eckmann

Stolpersteine für Familie Eckmann

Johanna Eckmann geb. Frankfurter bei der Mädchenriege des TV (ca.1910)

Johanna Eckmann geb. Frankfurter bei der Mädchenriege des TV (ca.1910)

Beatrice Eckmann halb verdeckt beim Treffen des Turnvereins (1935)

Beatrice Eckmann halb verdeckt beim Treffen des Turnvereins (1935)

Belegschaft der Firma Held (vor 1930)

Belegschaft der Firma Held (vor 1930)

Belegschaft der Firma Held (vor 1930) - Moritz Eckmann

Belegschaft der Firma Held (vor 1930) - Moritz Eckmann

Belegschaft der Firma Held (vor 1930) - Simon Eckmann

Belegschaft der Firma Held (vor 1930) - Simon Eckmann

Zeitzeugen erinnern sich an die Eckmanns (nachgesprochen)